WEG-Novelle ante portas

Berlin, Germany. Original public domain image from Wikimedia Commons

Mag. Dr. Philipp Radlegger 

Obmann Wohnungsgenossenschaft BerglandVorsitzender-Stellvertreter im Wohnrechtsauschuss des Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen

Das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort hat einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, mit welchem das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) novelliert werden soll. Es handelt sich daher um einen sog. „Ministerialentwurf“ (ME), welcher einem Begutachtungsverfahren unterzogen wurde und an dem naturgemäß bis zur Fertigstellung einer Regierungsvorlage und der folgenden parlamentarischen Behandlung noch zahlreiche Änderungen vorgenommen werden. Das erwähnte Begutachtungsverfahren ist zum gegebenen Zeitpunkt abgeschlossen. An dieser Stelle soll ein kurzer Überblick über den Ministerialentwurf und wesentliche Regelungsinhalte gegeben werden. Unter dem angeführten Link können die eingelangten Stellungnahmen abgerufen werden.

134/ME (XXVII. GP) – WEG-Novelle 2022 – WEG-Nov 2022, Änderung (parlament.gv.at)

Der Verband gemeinnützigen Bauvereinigungen – Revisionsverband hat ebenfalls eine Stellungnahme abgegeben, die auf internen Bewertungen der jeweiligen Fraktionen beruht. Dabei hat auch der Verein für Wohnbauförderung (vwbf) insgesamt die aktuelle Gesetzesinitiative zur Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) begrüßt und ist auf einzelne Themen detaillierter eingegangen.

Im Wesentlichen geht es um vier größere Themengebiete – eine Auseinandersetzung sämtlicher Regelungen ist einer umfangreicheren wissenschaftlichen Auseinandersetzung bzw. folgenden Seminaren vorbehalten:

  • Privilegierte Maßnahmen – insbesondere E-Ladestationen (§ 16 WEG)
  • „Minderheitenbeschlüsse“ – Änderung der Beschlussquoren (§ 24 WEG)
  • Einführung einer „Mindestrücklage“ (§ 31 WEG)
  • 2-Jahres-Turnus bei Hausversammlungen – Fristerstreckungen (§ 58g WEG)
  1. E-Ladestationen (16 Abs. 2 Z2 WEG iVm §16 Abs. 8 WEG)

Die im ME vorgeschlagene Regelung setzt die aktuelle OGH-Judikatur positivrechtlich um, geht jedoch nicht darüber hinaus, was dem Gesetzgeber unbenommen wäre. Dabei ist das Errichten einer E-Ladestation künftig als eine sog. „privilegierte“ Maßnahme des Wohnungseigentümers anzusehen, jedoch nur wenn die Ladeleistung max. 4,0 kW aufweist (sog. „Langsamladen“).

Eine erste Analyse hat die Frage aufgeworfen, wie sinnvoll die Umsetzung „lediglich“ des Langsamladens ist. Aus den technischen Kreisen unserer Unternehmen aber auch der einschlägigen Studie der „Wien Süd“ lässt sich jedoch ableiten, dass Schnelladelösungen von 11,0 kW oder 22 kW und darüber hinaus die Hausanschlussleistungen überfordern würden.

Es handelt sich daher um eine technisch sinnvolle Lösung, dieses Langsamladen zu ermöglichen. Im Gegenzug ist für zumindest fünf Jahre eine Nutzungsberechtigung dieser Anlagen gegeben und sollten sich diese bis dahin amortisieren. Zu einem späteren Zeitpunkt wäre jedoch die Pflicht gegeben, sich an einer Gemeinschaftsanlage (intelligentes Lastmanagement durch Vernetzung der einzelnen Ladesäulen) zu beteiligen und die eigene Ladestation wieder zu entfernen.

Diese Lösung erscheint in der momentanen Übergangsphase als juristisch und technisch zielführend.

  • Beschlussfassungen – Mehrheitsbildung (gem. §24 Abs. 4 WEG)

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es für Hausverwaltungen immer schwieriger wird, notwendige Beschlussfassungen gemäß WEG durchzusetzen. Oftmals hindert die mangelnde Teilnahme an derartigen Beschlussfassungen das Zustandekommen von grundsätzlich sinnvollen und notwendigen Beschlüssen. Es ist daher eine langjährige Forderung des gemeinnützigen Wohnbausektors, Erleichterungen bei der Beschlussfassung – auf Basis eines Teilnahmequorums – herbeizuführen. Die nunmehr vorgeschlagene Ergänzung zur bisherigen Mehrheitsfindung erscheint zielführend und zweckmäßig. Der Mindestanteil von einem Drittel der gesamten Wohnungseigentumsanteile sichert eine gewisse notwendige „Mindest-Legitimität“ und der zwei Drittel Anteil der abgegebenen Stimmen (berechnet nach den teilgenommenen Miteigentumsanteilen), sichert die notwendige breite Mehrheit einer solchen „Minderheitsbeschlussfassung“.

  • Mindestrücklage gem §31 Abs. 1 WEG

Der ME enthält die Einführung einer sog. Mindestrücklage in Höhe der Kategorie-D-Miete (0,90 EUR/m²/Monat). Eine langjährige Forderung des Verbandes wird damit umgesetzt, wenn auch in Kompromissform und nicht nach dem Vorbild des EVB. Eine Umsetzung nach dem Vorbild des EVB wäre aus Sicht des vwbf zu bevorzugen. Die vorgeschlagene gesetzliche Regelung stellt in Mischbauten ein Abgehen vom bisherigen EVB-System und von den Grundsätzen der Kostendeckung dar.

Dies liegt darin begründet, dass die § 14 Abs. 1 Z5 iVm §14d WGG in Mietwohnungen der GBVs ohne Ausnahme die Einhebung eines EVBs in der verordneten Höhe (aktuell EUR 0,53/m²/Monat bis zu EUR 2,13/m²/Monat) ermöglichen, jedoch keine nach oben hin davon abweichenden Summen. Dies gilt auch für sog. „Mischobjekte“. In diesen Objekten ergibt sich in den Jahren 1-11 der Objektbewirtschaftung eine Differenz zwischen dem vereinnahmten EVB und der dem Wohnungseigentümer (i.e. die GBV) vorgeschriebenen Mindestrücklage. Das hier entstehende Delta kann bei großen Wohnanlagen p.a. mehrere hundert tausend Euro ausmachen.

Wenn auch die Höhe von EUR 0,90/m²/Monat an Mindestrücklage und die mangelnde Staffelung nach Vorbild des EVB kritikfähig erscheinen, so ist ein politischer Kompromiss zu akzeptieren, jedoch unter der Maßgabe, dass für den dargestellten Problemfall von Mischobjekten eine Ausnahmeregelung gefunden wird. In der Stellungnahme des Verbandes wurde daher eine Ausnahmebestimmung für Neubauten gefordert, um bei diesen für einen Zeitraum von 15 Jahren die Mindestrücklage unterschreiten zu dürfen.

  • Hausversammlungen – Fristerstreckung gem. §58g Abs. 5 WEG

In der Vergangenheit hat sich die Frage der Pflichtverletzung durch den Hausverwalter dahingehend gestellt, dass er bedingt durch die Covid-19-Pandemie nicht in der Lage war Hausversammlungen 2jährlich durchzuführen bzw. die verzögerten Hausversammlungen zeitgerecht nachzuholen. Die hier in den Übergangsbestimmungen vorgesehenen Übergangsfristen sind daher ausdrücklich zu begrüßen.

Aktuelles zum Wiener Wohnbau-Modell

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