Grenzüberschreitender Gedankenaustausch

Zum bilateralen Austausch über den sozialen Wohnbau lud der Obmann des Vereins für Wohnbauförderung KommR Mag. Michael Gehbauer den Berliner Politiker Klaus Mindrup (SPD) nach Wien, in die österreichische Bundeshauptstadt, ein.

Der diplomierte Biologe und seit Jahrzehnten aktive Wohnungs-Genossenschaftler Klaus Mindrup war bis 2021 im Bundestag vertreten. Er ist u. a. auch als Sachverständiger für bezahlbares Wohnen und Erneuerbare Energien tätig. Gespräche mit hochkarätigen Persönlichkeiten aus der Wiener Politik, der Mietervereinigung und der Wohnbaubranche sollten dazu dienen, Erfahrungen und Inspirationen im Bereich des gemeinnützigen und geförderten Wohnbaus zu ventilieren.

Bürgermeister erklärt sein “Wiener Modell”

Die Delegation traf sich im Wiener Rathaus zu einem informellen Talk mit Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, bei dem die anwesenden Experten und Politiker ihre Visionen und die Erfolge im sozialen Wohnungsbau erläuterten. Bürgermeister Ludwig betonte dabei die Bedeutung eines integrierten Ansatzes, der sowohl auf sozialen Zusammenhalt als auch auf Nachhaltigkeit setzt. Nicht zuletzt wegen des sozialen, leistbaren und geförderten Wohnbaus wurde Wien bereits mehrfach zur lebenswertesten Stadt der Welt gewählt.

Der Präsidenten der Mietervereinigung präsentierte die Weichenstellung der Stadt für die Zukunft

Ein weiterer wichtiger Gesprächspartner war der Präsident der Mietervereinigung, Landtagsabgeordneter und Gemeinderat Georg Niedermühlbichler. Bei dem Termin wurden neben den allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen auch die vor kurzem beschlossenen Neubau-, Sanierungs- und Dekarbonisierungsverordnung der Stadt Wien diskutiert, die vom deutschen Politiker als besonders innovativ wahrgenommen wurden. Abschließend wurde bei dem Termin auch über die kürzlich von der Wien Energie in Betrieb genommene Großwärmepumpe in Simmering gesprochen, die im Endausbau, die leistungsstärkste Europas werden soll. 

Wiens sozialer Wohnbau als internationales Vorzeigemodell

Die Begegnung mit GBV-Obmann Klaus Baringer ermöglichte einen vergleichenden Blick auf die Strukturen und Vorgehensweisen der beiden Städte. Die Diskussionen konzentrierten sich auf die verschiedenen Ansätze zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus und die Rolle der gemeinnützigen Bauvereinigungen in diesem Prozess. 

Besuch im größten Stadtentwicklungsgebiet Europas

Bei einer Visite der Seestadt Aspern führte der Geschäftsführer der 3420 Development Agentur Gerhard Schuster die Berliner Delegation durch das Vorzeigeprojekt für nachhaltige Stadtentwicklung. Die Besichtigung verschaffte dem Berliner Politiker einen Einblick in die Möglichkeiten und Herausforderungen, die mit dem gemeinnützigen Wohnungsbau verbunden sind, zeigte aber auch anschaulich wie eine gesunde Mischung von gefördert und freifinanziertem Wohnbau funktioniert. Gerhard Schuster erklärte gemeinsam mit dem GBV-Landesgruppenobmann Michael Gehbauer die Herausforderungen und Chancen bei der Entwicklung nachhaltiger Stadtteile. Dabei wurde deutlich, dass in Wien der Fokus neben bezahlbarem Wohnraum auch auf einem lebenswerten Wohnumfeld und sozialer Integration liegt und dass diese Inhalte nur durch Gemeinnützigen Bauvereinigungen abgedeckt werden.

Resümee mit erhobenem Zeigefinger

Abschließend äußerte sich Klaus Mindrup positiv über den Erfahrungsaustausch und betonte die Wichtigkeit internationaler Kooperationen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus. Der Berlin Abgeordnete, der sich derzeit selbst im Wahlkampf befindet, da das deutsche Verfassungsgericht eine Wiederholungswahl in einzelnen Wahlbezirken der deutschen Hauptstadt anordnete, zeigte sich beeindruckt von den innovativen Ansätzen des Wiener Modells im sozialen Wohnbau und betonte die Notwendigkeit, ähnliche Modelle auch in Berlin einzuführen und umzusetzen.

Abschließend mahnte Mindrup jedoch massiv gegen in Aussicht genommene Erleichterungen bei der Veräußerung von geförderten Mietwohnungen aufzutreten. Deutschland habe in den 80iger Jahren den gemeinnützigen Wohnbau eingestampft und einen beträchtlichen Anteil des sozialen Wohnungsbestandes verkauft. Heute blickt man mit Wehmut zurück, der Schaden sei jedoch irreversibel.

Text: Christian Swoboda / Fotos: Florian Albert

© Anna Kundigraber

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